Hubert Distler – von Impressionen zu Nacherzählungen
1957-61: Camargue
auf der Suche nach dem eigenen künstlerischen Werdegang im tiefen Kontakt mit der Natur in der Camargue wird in den grafischen Nach-Erzählungen viel von den Zugangswegen zu einer Ergriffenheit, aber auch die Symbolik deutlich, mit der die Natur mit ihren Elementen spricht. Erzählungen der Ergriffenheit führten zu Sinnbildern, die Hubert Distler grafisch verarbeitete. Diese Wege ermöglichten letztlich eine Gesamtschau. Ausgegangen war Hubert Distler vom Klimaspiel in dieser Landschaft: In seinen Worten:
„Ist man empfindsam genug, erkennt man alle Spuren dieses Klimaspiels. So hat es mich als Grunderlebnis früh beeinflusst: das Thema „Sonne + Dornen“ prägte mein künstlerisches Schaffen.“
So scheint diese empfindsame Offenheit also Voraussetzung für ein anderes oder tieferes Wahrnehmen?
Tölzer Raum
Meist einmal jährlich hielt sich der seit dem Verlust des Beines kriegsversehrte Grafiker und Maler zur Kur in Tölz auf – Der Ort, an dem er Kraft für ein weiteres Lebensjahr für die Kunst schöpfte. Auch dort zeichnete er und hielt viele Szenen und Skizzen fest, von vielem oft emotional berührt, manchmal beeindruckt, wovon schon manche Zeichnung erzählte, später entstanden zwar keine Zyklen, aber kleine Grafiken …
Irland: (Impressionen von der Reise 1979 und Nach-Erzählungen)
Auf vielen Reisen – hier am Pradigma Irlandreise betrachtet – ließ sich Hubert Distler offenen Herzens berühren, von Menschen, Kultur, Religion, Natur beeindrucken. Dann schuf er grafisch zusammenfassend und oft symbolisierend Nach-Erzählungen, die diese Eindrücke verbunden mit eigenen Empfindungen, Emotionen und Stimmungen wiedergeben. Fragen wie: was kann das Leben leiten, gibt es Zeichen und ggf. welche, z.B. wie können wir mit der Realität des Todes umgehen, spielen eine Rolle… Aufgespannt zwischen zwei christlichen Religionen in Irland und der damit entstehenden Sicht auf diese Welt ist die Antwort auf die Aufreibung in Konflikten die Besinnung auf die Gemeinsamkeiten …
Christentum – Judentum – Islam
neben dem Christentum wurden (auf weiteren Reisen nach Israel und in den Nahen Osten) weitere Religionen Gegenstand der künstlerisch-schöpferischen Auseinandersetzung bei Hubert Distler – und ähnlich nebeneinander gestellt. Unterscheiden sie sich in ihrer Bedeutung so wesentlich, dass man sagen könnte, die eine ist besser als eine andere? Auch wo eine Religion sich einzig wähnt, gibt es wohl neben Unterschieden auch Ähnlichkeiten … Oder gar Gemeinsamkeiten? Toleranz und Respekt der jeweiligen Religion gegenüber wird so ein lösungsorientierter Wert, statt Terror. Wie lässt sich das aber realisieren? Lässt sich das auch auf politische Grundorientierungen anwenden? …
Natur
ein „Sterngänger“, wie er es nannte, war übrigens Hubert Distler zusätzlich. Ergriffenheit über den funkelnden Sternhimmel oder tiefgehende Berührungen im Anblick des immer weiter rätselhaften Universums wurden kaum einmal angesprochen – aber skizziert, und schließlich wie nebenbei in kleinen Grafiken andeutungsweise grafisch erzählt.
Gelegentlich (nicht unbedingt) ergaben sich auch Einbettungen und Integrationen in weitere Zusammenhänge. Das Konkrete und ‚das Universale‘ konnten vom Schöpfer der Arbeit und dem Betrachter dann in einen je persönlichen Diskurs gefasst werden; das war und bleibt grundsätzlich offen. ‚Das Universale‘ ist als Umfassendes rund um die Lebewesen, die Erde, das Sonnensystem und das Universum ebenfalls in der Welt, und dann allenfalls nicht irgendein Globales oder Mächtiges, sondern im Versuch, es zu erfassen, einfach nur immer noch umfassender und damit freilich tiefe Gefühle auslösend. Wird oder darf ein unauflöslicher Rest in der Welt bleiben? (Jeder kann auf das Unfassbare Eigenes projizieren, aber stimmt das dann auch?)
Weitere Nach-Erzählungen
Viele weitere besondere Erlebnisse verarbeitete Hubert Distler im Rahmen von Grafiken oder ganzen Zyklen künstlerisch, für die hier kaum Platz ist.
Immer ging es ihm um die Verarbeitung faszinierender Kultur und besonderer Erlebnisse. In seinen Worten:
„Alles hat mich fasziniert: der Islam mit seiner phantastischen kalligraphischen Ornamentik, die Kreuzritterarchitektur des Christentums bis hin zu den frühchristlichen Raummalereien (Kappadokien und Mistra bis zu den Moldauklöstern), sowie die orthodoxen Ikonostasen (Membrane „Welt-Gott“), je entlegener, meist um so prächtiger, und schließlich die ägyptischen Königsgrabkammern. Aber begleitet waren alle Erlebnisse mit dem geschichtlichen Wissen von Grausamkeit, Blut und Mord, vielfach aus religiösen Gründen.“
Also einerseits gab es das sehr Anziehende, andererseits das so Abstoßende – mit dem großen Fragezeichen: Was alles muss noch geschehen an blutigen und lebensverachtenden Konflikten, Gewalt und Terror – gleichgültig, ob sie aus zwischenmenschlichen, religösen oder ideologischen Gründen entstehen?





































